Erster Konzeptvorschlag
Somit definierten wir neben unseren bestehenden Ideen des Raumerlebnis und Buchinszenierungen weitere Faktoren, die sich vor allem auf die Einbindung der Kund:innen, Leser:innen und der vor Ort vorhandenen Community beziehen. Dadurch kann eine ganzheitliche Ausrichtung der Buchhandlung auf die Zukunft geschaffen werden, die über Raumgestaltung hinaus geht und durch Multiplikatoren die Buchhandlung zu einem wichtigen Kulturtreffpunkt in Städten etabliert.
Problemhintergrund
Durch die Einblicke aus dem Workshop sowie unsere Recherche der Schlüsselfaktoren und Erarbeitung der Zukunftsszenarien sahen wir die Zukunft der stationären Buchhandlungen als einen großen Hebel, die Zukunft der Buchbranche zu beeinflussen sowie einen großen Bedarf im stationären Buchhandel, sich zukunftsorientiert neu aufzustellen, sowohl durch die Buchinszenierung und Raumgestaltung als auch durch ein zukunftsorientiertes Geschäftsmodell.
Stationäre Buchhandlungen stehen vor zahlreichen Herausforderungen in einer sich schnell verändernden Handelslandschaft. Besonders betroffen sind die Innenstädte, die zunehmend aussterben, insbesondere in kleineren Städten. Diese Entwicklung wurde durch die Pandemie beschleunigt, was Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, unter anderem darauf zurückführt, dass die Pandemie den Prozess der Verödung der Innenstädte beschleunigt hat und sich die Lage nur langsam oder kaum erholt (vgl. Die offiziellen Zahlen für den Buchmarkt 2022 sind da 2024). Dies stellt Buchhandlungen vor die Aufgabe, tragfähige Konzepte und Initiativen zur Belebung der Frequenz in Städten und Gemeinden zu entwickeln.
Ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor ist der Online-Handel, der eine große Konkurrenz zum analogen Buchhandel darstellt. Trotz eines erfreulichen Marktanteilzuwachses des stationären Buchhandels im Jahr 2022, bleibt der Kipppunkt zum E-Commerce bestehen, was die Notwendigkeit unterstreicht, die Position des stationären Handels zu sichern. Der stationäre Buchhandel konnte seinen Marktanteil um zwei Prozentpunkte auf 41,9 Prozent steigern und bleibt damit der größte und wichtigste Vertriebsweg für Bücher, mit einem Umsatz von 3,95 Milliarden Euro, was einem Plus von fünf Prozent im Vergleich zu 2021 entspricht. Dennoch klafft eine deutliche Lücke von 7,9 Prozent zur Vor-Corona-Zeit 2019 (vgl. Die offiziellen Zahlen für den Buchmarkt 2022 sind da 2024).
Die Zahl der Buchkäufer:innen ist weiterhin rückläufig. Im Jahr 2022 erwarben rund 25,8 Millionen Menschen Bücher, was etwa 1,4 Millionen weniger als 2021 sind. Die Reichweite von Büchern liegt bei 39 Prozent (2021: 41 Prozent). Insbesondere bei der jungen Zielgruppe der 16- bis 29-Jährigen sinkt die Zahl der Käufer:innen, obwohl in dieser Altersgruppe die Ausgaben für Bücher sowie die Kaufintensität kontinuierlich ansteigen. Pro Käufer:in erwarben die 16- bis 29-Jährigen 2022 durchschnittlich 11,7 Bücher, was rund 24 Prozent mehr als 2017 sind (vgl. Die offiziellen Zahlen für den Buchmarkt 2022 sind da 2024). Dies zeigt, dass junge Menschen engagierte Buchkäufer:innen sind und sich intensiv mit Buchthemen auseinandersetzen, beispielsweise auf Plattformen wie TikTok. Die Branche arbeitet aktiv daran, diese Zielgruppe anzusprechen, indem sie eine Verbindung zwischen digitalen Formaten und dem Handel vor Ort schafft. Auch der KulturPass für 18-Jährige bietet große Chancen, um junge Menschen für Bücher und Kultur zu begeistern.
Es gibt positive Entwicklungen in der Buchhandelslandschaft, wie die wachsende Zahl unabhängiger Buchhandlungen, die laut Booksellers Association die höchste Zahl seit 10 Jahren erreicht hat (vgl. Schulte 2023). Verbands-Geschäftsführerin Meryl Halls sieht in dieser Entwicklung eine Bestätigung für die grundsätzliche Bedeutung des Buchhandels, der soziales und kulturelles Kapital in die Städte und Gemeinden bringt. Besonders während der Pandemie war die Zahl neuer Buchhandlungen erstaunlich hoch. Angesichts steigender Kosten und Personalmangels benötigen die Buchhandlungen jedoch weiterhin Unterstützung.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth betont die Bedeutung von Büchern und Buchhandlungen für die Demokratie. Bücher vermitteln Wissen, unterschiedliche Lebenserfahrungen und die Vielfalt des Denkens. Buchhandlungen bieten der Literatur und dem Kulturgut Buch eine Bühne, besonders in ländlichen Räumen. Der KulturPass zeigt, dass junge Menschen großes Interesse an Buchkäufen haben, und trägt dazu bei, dass sie die Vielfalt des Angebots in Buchhandlungen kennenlernen (vgl. Kulturstaatsministerin Roth verleiht den Deutschen Buchhandlungspreis: „Buchhandlungen als wichtige Kulturorte in unserem Land würdigen“ o. D.).
Um dem Online-Handel Konkurrenz zu machen und die Käufer- und Besucherzahlen zu steigern, müssen stationäre Buchhandlungen ihr Angebot attraktiver gestalten. Eine freundliche und kompetente Beratung, eine ansprechende Warenpräsentation sowie ein breites Angebot an Produkten sind hierbei essenziell. Zudem können Veranstaltungen und Aktionen wie Stadtfeste, Wochenmärkte, Konzerte oder Flohmärkte die Innenstadt wieder attraktiver machen und Kunden anlocken. Die Erweiterung des Angebots an Cafés und Restaurants in Buchhandlungen kann ebenfalls dazu beitragen, das Einkaufserlebnis zu verbessern und mehr Menschen zum Buchkauf zu begeistern (vgl. IFV Performance GmbH 2023).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass stationäre Buchhandlungen in einer schwierigen, aber nicht aussichtslosen Lage sind. Durch innovative und zukunftsfähige Konzepte können sie ihre wichtige Rolle in der Umsatzgenerierung und als Kulturorte weiterhin erfüllen und stärken.
Erster Ansatz
Basierend auf dieser Problemdefinierung erarbeiteten wir einen ersten gedanklichen Ansatz, in welchem wir unser Ziel, die Strategie, die Konzeptidee und den Gestaltungsansatz definierten.




Brainstorming
In Bezug auf unseren Ansatz gingen wir mehr in die Tiefe der Wahrnehmung und Erlebnisses von Kund:innen im Buchhandel und sammelten verschiedene Ideen, auf welche Arten und Weisen man Bücher inhaltlich und äußerlich ansprechend inszenieren kann und den Einkauf in einer Buchhandlung zum Erlebnis machen kann. Hier legten wir auch einen Fokus auf technologische Möglichkeiten in der Zukunft, wie z.B. immersive Projektionen, AR und VR Inhalte und Hologramme. Daraus ließ sich ein Konzept herausleiten, welches sich in drei Ebenen aufgliedert: Die allgemeine Raumgestaltung, welche die äußerliche Inszenierung der Bücher mit einschließt und außerdem zum Entdecken und Verweilen einladen soll, dann die inhaltliche Inszenierung eines Buches durch z.B. visuelle und auditive mittel und als dritter Aspekt eine thematische Inszenierung durch ein immersives Erlebnis, wodurch Kund:innen weitere Bücher zum passenden Thema entdecken können.

Weitere Recherche und ganzheitliche Betrachtung
Aufbauend auf unserem Ansatz führten wir eine tiefere Recherche in Bezug auf Stadtentwicklung, die Entwicklung des Buches und dem Status Quo der Buchhandlungen durch, um besser einzuordnen, wie unser Ansatz in den Zeithorizont von 2035 einzufügen ist. Dadurch ließen sich weitere Paramenter und Foktoren leiten, die die Möglichkeiten und Grenzen von dem Auftritt von stationären Buchhandlungen beeinflussen. Dies schaffte sowohl Rahmenbedingungen des Möglichen und half uns dabei, sehr viele Chancen zu erkennen, wie man Buchhandlungen zukunftsfähig neuorientieren kann.
Stadtentwicklung
Die Zukunftsfähigkeit von Innenstädten steht vor umfangreichen Herausforderungen, die durch verschiedene Faktoren geprägt sind. Besonders signifikant sind die Auswirkungen von Einkaufszentren, die oft breitere und zentralere Angebote machen können, sowie der wachsende Online-Handel, der eine bequeme Alternative zum stationären Einkaufen bietet (vgl. Zukunft des Einkaufens o. D.). Diese Entwicklungen verändern das traditionelle Einkaufsverhalten, hin zu digitalen Kanälen und Plattformen. In vielen Fällen agieren Einzelhändler noch immer isoliert anstatt sich als gemeinsame Standortgemeinschaft zu präsentieren, was im Vergleich zu gut organisierten Shoppingcentern einen klaren Wettbewerbsnachteil darstellt. Zusätzlich werden Instrumente wie Business Improvement Districts, die zur Stärkung der Zusammenarbeit und Attraktivität von Innenstädten beitragen könnten, bisher nur zögerlich genutzt. Die Anpassung an die Anforderungen der Multichannel-Welt, die sowohl physische als auch digitale Vertriebskanäle umfasst, erfolgt häufig nicht schnell genug und zeigt sich beispielsweise in den Startschwierigkeiten lokaler Internet-Marktplätze (vgl. Scholz/Zukunft des Einkaufens 2019). Dennoch lässt sich eine zunehmende Rückbesinnung auf die inhärenten Stärken der Innenstädte beobachten: Sie sind Orte authentischer Erlebnisse, persönlicher Interaktionen und menschlicher Nähe (vgl. Rehme/Zukunft des Einkaufens 2019). Diese Charakteristika machen sie zu einzigartigen Einkaufs- und Aufenthaltszielen, die durch ihre Vielfalt, Charme und kulturelle Bedeutung überzeugen können.
Fazit: Stadtentwicklung x Buchhandlungen
Die deutschen Innenstädte haben noch erheblichen Nachholbedarf in Bezug auf Aufenthaltsqualität, die entscheidend für ihre Zukunftsfähigkeit ist. Die Parameter Erlebnis und Convenience sind hier von zentraler Bedeutung. Innenstädte bleiben elementarer Bestandteil der Lebensqualität zukünftiger Städte, doch der Freizeitwert muss dringend verbessert werden. Die Herausforderungen für Buchhandlungen und andere Einzelhändler sind vielschichtig und hängen eng mit dem Wandel durch Einkaufszentren, den Online-Handel und verändertes Kundenverhalten zusammen. Trotz des Online-Angebots bleibt das Einkaufen in der Stadt attraktiv, auch in kleineren Städten. Leerstände könnten als Chance gesehen werden, um neue Konzepte und Nutzungen zu entwickeln. Veranstaltungen wie verkaufsoffene Sonntage und Stadtfeste sind essenziell, um die Attraktivität der Innenstadt zu steigern und Besucher anzulocken. Einzelhändler haben den Vorteil, die Wünsche der Besucher besser zu kennen und mit passgenauen Angeboten zu punkten. Die Zukunft liegt darin, lokale Identität zu schaffen und die Menschen durch emotionale Ansprache zu begeistern, um eine lebendige und attraktive Innenstadt zu gestalten.
Entwicklung des Buches
Die Zukunft der Bücher bis 2035 lässt verschiedene Entwicklungen erkennen. Insbesondere die jüngere Generation zeigt eine Präferenz für analoge Bücher (vgl. Fröhlich 2021). Obwohl sie stark in soziale Medien vertieft sind und ihre Zeit hauptsächlich mit digitalen Geräten verbringen, scheint das Lesen gedruckter Bücher für sie einen besonderen Wert zu haben. Diese Entwicklung deutet darauf hin, dass analoge Bücher weiterhin als Prestigeobjekte gelten könnten und eine attraktive Gestaltung sowie ästhetische Qualitäten schätzen werden. Der Markt für E-Books hingegen stagniert seit 2014 (vgl. Grimm 2023). Etwa ein Viertel der Deutschen liest elektronische Bücher, eine Zahl, die sich in den letzten Jahren kaum verändert hat. Dies steht im Kontrast zur ständig wachsenden Digitalisierung, die viele andere Bereiche unseres Lebens erfasst. Trotz der Bequemlichkeit und der Möglichkeit, eine digitale Bibliothek auf kleinstem Raum zu haben, bleibt das gedruckte Buch für viele ein langlebiges Kulturgut. Es wird argumentiert, dass gedruckte Bücher aufgrund ihrer Haltbarkeit und kulturellen Bedeutung auch in Zukunft eine Nische füllen werden, die von digitalen Medien allein nicht erfüllt werden kann (vgl. Schriftmuseum 2023). Ein weiterer Aspekt ist das Leseerlebnis eines Buches, das hirntechnisch anders ist als das schnelle Scannen von digitalen Nachrichten (vgl. Grimm 2023). Die tiefe Auseinandersetzung mit Inhalten, wie sie durch das Lesen eines gedruckten Werks gefördert wird, bleibt eine einzigartige Erfahrung. Diese Langsamkeit und Konzentration könnte einen Gegentrend zu der Schnelllebigkeit und Kurzformate von Social Media darstellen. Hörbücher gewinnen ebenfalls an Bedeutung als Alternative zum reinen Textkonsum (vgl. Digital Publishing Report 2024). Sie bieten eine Möglichkeit, Literatur in einer passiven, aber dennoch intensiven Art und Weise zu konsumieren, was dem Bedürfnis nach Entspannung und Multitasking entspricht. Zusammenfassend lässt sich prognostizieren, dass das gedruckte Buch bis 2035 eine bedeutende Rolle behalten wird, insbesondere als kulturelles Artefakt und Gegenpol zur digitalen Welt. Während E-Books und andere digitale Formate ihre Nische haben, werden analoge Bücher weiterhin einen Platz als physische, ästhetische und dauerhafte Form des Lesens behaupten.
Status Quo Buchhandlungen
Der Buchhandel in Deutschland umfasst etwa 5.000 Buchhandlungen und zahlreiche Buchverkaufsstellen. Diese generieren zusammen einen stationären Umsatz von etwa 3,9 Milliarden Euro, was 42 Prozent des gesamten Branchenumsatzes ausmacht. Rund 26.300 Beschäftigte sind in diesem Sektor tätig, wobei etwa 10 Prozent der Buchhandlungen über drei Viertel des Umsatzes erwirtschaften. Nahezu alle Buchhandlungen bieten auch einen Online-Verkauf an (vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2021).
Die Zahl der Buchhandlungen ist rückläufig, obwohl der Sortimentsbuchhandel weiterhin der dominierende Vertriebsweg für Bücher ist und 42 Prozent des Umsatzes ausmacht. In den letzten fünfzehn Jahren ist der Anteil des Online-Handels am Gesamtumsatz gestiegen, während der Anteil des Handels vor Ort tendenziell zurückging (vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2021).
Angesichts sinkender Käuferinnenzahlen setzen Buchhandlungen verstärkt auf Maßnahmen, die das Marketing, die Kundinnenansprache und Veranstaltungsformate besser auf die Bedürfnisse potenzieller Leserinnen ausrichten. Ziel ist es, den Kundinnen die Orientierung im großen Angebot zu erleichtern und ein umfassendes Erlebnis rund ums Buch zu bieten. Durch Lesungen, Diskussionen und spezielle Programme möchten sie das Buch wieder verstärkt in den Alltag der Menschen integrieren und damit die Buchkultur fördern (vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2021).
Buchhandlungen, die sich erfolgreich als kulturelle und gesellschaftliche Treffpunkte etablieren, gewinnen an Bekanntheit und werden integraler Bestandteil des Stadt- oder Dorflebens. Sie bieten nicht nur Bücher, sondern auch ein Umfeld für Inspiration, Diskussion und kulturellen Austausch. In Zusammenarbeit mit der Politik könnten diese Orte weiter gestärkt werden, um die Innenstädte nach der Pandemie zu revitalisieren (vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2021).
Welt 2035 und Entwicklung der Buchhandlung
Basierend auf vorangegangener Recherche definierten wir die Hauptfaktoren und Einflüsse, wie die Welt rund um den stationären Buchhandel aussieht und wie sie sich weiterentwickeln wird. Die Bereiche, die unserer Meinung eine große Rolle für die Zukunft des stationären Buchhandels spielen sind die Entwicklung der Innenstädte, die Rolle des Internets, die Form / das Medium des Buches und die Bedürfnisse und das Kaufverhalten der Kund:innen.

SWOT Buchhandlungen
Darauf aufbauend formulierten wir kurz und knapp die Hauptchancen, Risiken, Stärken und Schwächen von Buchhandlungen im Kontext des Jahres 2035. Das half uns, die Möglichkeiten sowie Grenzen der Zukunft des Buchhandels aus einer größeren Perspektive zu betrachten. Vor allem die Chancen haben sich aus unserer vorangegangenen Recherche klar herauskristallisiert, sodass wir hier einen guten Ansatz und Hebel definieren konnten, was essenzielle Punkte für unser Konzept sein werden.

Weitere Faktoren
Somit definierten wir neben unseren bestehenden Ideen des Raumerlebnis und Buchinszenierungen weitere Faktoren, die sich vor allem auf die Einbindung der Kund:innen, Leser:innen und der vor Ort vorhandenen Community beziehen. Dadurch kann eine ganzheitliche Ausrichtung der Buchhandlung auf die Zukunft geschaffen werden, die über Raumgestaltung hinaus geht und durch Multiplikatoren die Buchhandlung zu einem wichtigen Kulturtreffpunkt in Städten etabliert.
