PROJEKT – Entwicklung der Transformation
Teamintern haben wir verschiedene Methoden angewandt, um dem Zukunftsbild näher zu kommen. Diese halfen uns, aus dem gewohnten Ablauf auszubrechen, neue Ideen zu generieren, alternative Ansätze zu testen und Ergebnisse zu überprüfen. Zudem ermöglichten sie Klarheit darüber, ob alle Teammitglieder die gleichen Vorstellungen hatten, und erleichterten die effektive Kommunikation neuer Ideen untereinander.

“Was wäre, wenn” - Frage
Anhand dieser beiden “Was wäre, wenn” Fragen haben wir durchexerziert, was notwendig ist, um diesen Stand zu erreichen. Wir haben anhand dieser Annahme Use Cases durchgedacht, wie Situationen mit dem neuen Bewusstsein ablaufen würden. Welche Probleme wären gelöst und welche Hürden würden aufkommen. Diese beiden Fragen haben uns seither auf dem Weg immer begleitet und wir haben immer wieder unsere Ideen und Konzepte in Relation zu diesen gesetzt. Erst sehr spät haben wir uns gelöst von diesen Fragen und auch außerhalb dieser Zielgruppe die logischen Konsequenzen und Entwicklungen abgeleitet. Dieser Übertrag ist uns aber leicht gefallen, da wir innerhalb dieser beiden Fragen und der abgesteckten Zielgruppe sehr konsistent geblieben sind, was unsere Lösungen in 2035 angeht.
Was wäre, wenn 30–45-jährige Personen über das Thema Pflege informiert werden, um auf plötzliche Erkrankungen besser vorbereitet zu sein?
Was wäre, wenn 30–45-Jährige die Pflege als einen weiteren wichtigen Lebensbereich für sich festlegen, um diesen frühzeitig gestalten zu können?
Minimal Viable Szenario
Um einen vorstellbaren Einblick zu erhalten haben wir mehrere “Minimal Viable Szenarios” wie Zeitungsartikel oder Werbung aus dem Jahr 2035 erstellt, in denen wir jeweils verschiedene Teilbereiche der Pflege beleuchtet haben. Durch das konkrete Ausformulieren dieser MVSs waren wir gezwungen einzelne Aspekte zu durchdenken und verständlich und kompakt darzustellen. Auch sind uns in diesem Schritt viele Punkte aufgefallen, die sich gegenseitig bedingen und somit diese Verbindungen auch im darauffolgenden Prozess berücksichtigt werden mussten.



Experiential Future Ladder
Mithilfe des Experiental Future Ladder (Zukünfte Gestalten, S.104) haben wir uns einen Überblick verschafft, indem wir alle unsere bisher festgelegten Parameter eingetragen haben. Im nächsten Schritt sind wir dann vom abstrakten hin zum konkreten durchgegangen und haben an den Stellen, an denen unser komplexes Szenario aus dem Jahr 2035 noch Lücken hatte, Lösungen gesucht, welche sich in das bisherige Szenario einfügen. So konnten wir ein nach Ebenen geclusterten Überblick erhalten, auf den wir uns in den kommenden Schritten immer wieder zurückberufen konnten und ergänzt haben.
Wir haben uns für die Experimental Future Ladder entschieden, da unser Szenario eine komplette Welt aufzeigt und durch verschiedne Gesellschaftsschichten sowie Bereiche wie Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und vieles mehr umfasst. Wir sind fast so weit gegangen, dass wir World Building betrieben haben. Einblick in einige Punkte jeder Ebene:
Setting
- die Menschen sind mit “wenig” zufrieden
- Altenpflege → Alten-Hilfe und ist ein wichtiger Wert in unserer Gesellschaft
- Stärkere Fokus auf eigene Familie
Szenario
- Gemeinschaftsräume in bei größeren Wohnkomplexen
- Kinderzimmer werden umfunktioniert für zu pflegende Elternzimmer
- Rentnertreff als Basis für ein gutes Netzwerk im Alter
- Im Supermarkt findest du eine eigene Abteilung für Pflegebedarf
Situation
- 1 Tag/Woche Private Pflege bei vollem Gehalt über staatliche Förderungen
- in einer Art “Testament der Pflege” hält man seine Wünsche fest, wie man gepflegt werden möchte
- mehr Möglichkeiten für Alte am allgemeinen Leben teilnehmen (ggf. auch nur als Beobachter)
- Alte Menschen bekommen kleine Aufgaben/Herausforderungen, um sich gebraucht zu fühlen
- App: Anke kauft für ihren Hund Hundefutter und sieht in der App, dass Opa Gerd Butter braucht. Er wohnt ein Haus weiter. Anke kauft es für Gerd und bringt es vorbei.
Personen Ansprechpartner:in KK
- MD (Medizinischer Dienst)
- Omi, die noch Dinge machen will, obwohl es ihr schwerfällt
- Angehöriger, der sich Vollzeit kümmert
- Enkel (Beziehung zu Großeltern)
- Pflegedienste, die auf digitale Tools setzen, um mehr Zeit für den/die Einzelne zu haben.
- Pflegedienst-Angestellte, die durch gute Bezahlung, Bock auf ihren Job haben
- Angehöriger, der sich oft beim Betroffenen meldet, aber sehr weit weg wohnt
Artefakte
- Möbel speziell für Senioren werden angeboten. Ähnlich zu Möbeln (für Kinder), die Mitwachsen
- Erwachsenen Windeln werden über Amazon Dash Button bestellt
- Pflegespiel zum erlebbar machen der Probleme und Chancen
- Pflege-Podcasts - interaktive Simulation
- Es gibt Familien-Tagebücher
- Pflegeschiff, Kreuzfahrtschiff in urbanem Raum mit virtuellen Erlebnissen
- Pflege-TV für Betroffene: Informationen, Angebote, Erfahrungsberichte…
- Sprachassistent, der den Pflegedienst und die Angehörige unterstützt
Causal Layered Analysis
Mit der Causal Layered Analysis nach Inayatullah (2008) verfolgte man das Ziel, zu ergründen, worauf das aktuelle Bild der Altenpflege basiert und wie man es in der Zukunft rekonstruieren kann.
Diese Methode half vor allem dabei, ein gemeinsames Verständnis für das Thema Altenpflege aufzubauen. Man beginnt mit der Dekonstruktion der heutigen Welt, indem man zuerst die oberflächlichen Gegebenheiten wie Schlagzeilen in der Medienlandschaft festhält und anschließend die zugrundeliegenden systemischen Zusammenhänge beschreibt.
Häufige Überschriften in der Medienlandschaft waren:
- Pflegenotstand / Pflegesystem vor dem Kollaps
- Fachkräftemangel / Berufsfeld unattraktiv
- Pflegesystem überlastet / zu teuer
- Kostenexplosion bei der privaten Pflege
Als systemische Zusammenhänge wurden folgende Punkte identifiziert:
- Kinder pflegen Eltern - Angehörigenpflege weit verbreitet
- das Eigenheim als finanzielle Absicherung
- hohe Kosten für Pflegeausstattungen → geht sofort Berg ab
- alternde Gesellschaft
- Pflegeleistungen schwer zugänglich
Danach geht man mehrere Ebenen tiefer und benennt die Werte und Metaphern, die aktuell gelebte Handlungsmuster widerspiegeln. Vor allem im Bereich der Werte und Metaphern auf der linken Seite gab es innerhalb des Teams viele Überschneidungen und wiederkehrende Aussagen, wie zum Beispiel auf der Seite über Pflegebedürftige:
- Aussage “Wenn ich gepflegt werde, ist alles vorbei”
- Älter werden ist unsexy
- Respekt vor den Alten / Älteren
- Aussage “Willst du, dass ich sterbe?”
- Nicht zur Last fallen zu wollen
- Verdrängung: “Wir können dann darüber sprechen” oder “Es wird schon irgendwie”
- Aussage “Zuhause ist es am schönsten”
Auf der Seite über die Pflegenden Personen gab es folgende Assoziationen:
- Einstellung “Du arbeitest in der Pflege? - Du armer / Du arme!”
- Zwiespalt, eigene Freizeit für die Pflege zu opfern
- Organisation der Pflege = ungesehene Arbeit
- Einstellung “Pflege der eigenen Eltern = gutes Kind”
- Fehler sind nicht erlaubt, Emotionen sind nicht gestattet
Anschließend begann man mit der Rekonstruktion einer potenziellen Form einer zukünftigen Lebenswelt. Dazu entschieden wir uns für folgende Metaphern und Werte (Auswahl):
- Pflege der Eltern ist eine aktive Entscheidung
- Einstellung “ Es wird sich gut um mich gekümmert”
- Erinnerung werden zu Währung / Status Symbol Erinnerungen an Großeltern
- Hilfe wird angenommen
- “Fehler” werden zugelassen
- Aussage “Wenn meine Kinder da sind und sich kümmern, kann ich mich zurücklehnen”
- es entsteht ein Bewusstsein für Alterserscheinungen bei beiden Parteien (Pflegende und Pflegebedürftige)
- Respekt vor dem Alter und vor der Altenpflege
- Pflege ist ein ausgeglichenes Geben und Nehmen
- in persönlicher Zukunftsplanung spiel Pflege immer eine Rolle
Darauf basierend formulierten wir diese systemischen Grundlagen:
- Zusammenarbeit von Arbeitgebenden, Krankenkassen und den Bundesministerien für Gesundheit, um Pflege zu erleichtern, z.B. Pflegetage für pflegende Arbeitnehmende, diverse Pflegevorsorge Angebote, 4-Tage-Woche und 1 Tag Pflege
- Mehrgenerationenhäuser für mehr Pflegeunterstützung
- Förderung altersbedingter Ausbau von Mietshäusern
- Handwerker bringen das Thema Pflege aktiv im Bauprozess ein
- Lobbyismus für bessere Altenpflege in der Politik
- soziales Engagement wird aktiv gefördert
Folgende Aussagen in den Medien erhoffen wir uns in dem neuen Dort & Dann:
- “Unbekannter Millionär spendet 100 Tsd. Euro für Altenpflegeheim”
- “Jubiläum 5 Jahre der Aktivistengruppe Rollies für die Pflege”
- “ Jugendliche wählten Vorbild des Jahres 2035: Pflegekraft im Pflegeheim,”
- “Pflegekonzept 2035: Noch tragbar?”
Durch die Causal Layered Analysis erhielten wir ein besseres Verständnis für die aktuelle Situation der Altenpflege und erkannten, welche Mechanismen wir für die Zukunft verändern mussten. Mit der Rekonstruktion einer neuen Lebenswelt bauten wir maßgeblich die Vision für unser Pflegebewusstsein und den neuen Status Quo in 2035 auf.

Zeitliche Einordnung der Artefakte und Situationen
In den letzten Wochen der Bearbeitung am Thema haben wir als Gruppe zwei Main-Boards benutzt, um unsere Visionen für unser Zukunftsbild, den Status Quo für 2035 und den Transformationsprozess dahin stetig zu festigen und zu ergänzen. Es hat uns sehr geholfen, uns immer wieder auf die zwei Boards zu beziehen und anhand dessen weiterzuarbeiten.

Zielformulierung für 2035
Der Kern der Arbeit befasst sich mit den Berührungspunkten zur Altenpflege. Dafür haben wir für das Jahr 2024 eine Grafik erstellt, wie und wann die Menschen im Durchschnitt mit der Altenpflege in Kontakt kommen. Im Kindesalter hat man meistens die ersten Berührungen mit dem Thema über die eigenen Großeltern. Wirklich Kontakt haben wir dann erst schlagartig mit der Pflege der eigenen Eltern und ein weiteres Mal, wenn man selbst mit der eigenen Pflege betroffen ist. Meistens liegt dem Pflegeantrag ein Notfall zugrunde, der die Betroffenen zum Handeln zwingt. Allerdings sind in den meisten Fällen die Betroffenen nicht gut genug informiert und der Pflegeantrag wird zu spät gestellt. Statt den Pflegeantrag in Ruhe und gemeinsam auszufüllen, kommt es oft dazu, dass dann aus der Not heraus die Krankenkassen telefonisch kontaktiert werden müssen. Hier muss sich in Zukunft was ändern, da es ein immer wiederkehrendes Problem ist. Menschen, die Pflege benötigen sowie ihre Angehörigen werden nicht früh genug mit dem Thema der Altenpflege konfrontiert und über den Antrag, die Pflegeleistungen und Finanzierungsangebote informiert.
Unser Ziel
Gründe für den schlechten Wissensstand in der Bevölkerung zum Thema sind vielschichtig und kompliziert. Das Ziel ist es, einen Wandel rund um das Thema Altenpflege zu gestalten. Gedanklich erstellen wir eine Welt in 2035, in der ganz anders damit umgegangen wird als jetzt. Mit einem Status Quo der Zukunft haben wir ein festes Ziel und können einen Weg ins neue Morgen aufzeigen. Was muss sich systemisch ändern? Welches Bewusstsein muss vorherrschen? Welche Bedingungen braucht es und wie schaffen wir diese? Der Entwurf soll zum Nachdenken anregen und unser Handeln im Hier und Jetzt beeinflussen, um eine wünschenswerte Zukunft zuzulassen.
Status Quo 2035
Für das Jahr 2035 haben wir einen Status Quo formuliert, der ein tiefes Bewusstsein für die eigenen Pflegewünsche beinhaltet. Die Menschen setzen sich frühzeitig mit ihrer eigenen Pflege auseinander und legen fest, wie sie diesen letzten Lebensabschnitt verbringen wollen. In 2035 genießt der Pflegeberuf eine große Wertschätzung und es kommt insgesamt zu einem gesellschaftlichen Wandel. Ehrenämter und Nachbarschaftshilfen sind gängige Praxis in Deutschland. Zudem sind Wohnkonzepte, wie das generationsübergreifende Wohnen, weit verbreitet. Der allgemeine Zugang zu Altenpflegeleistungen ist, nicht nur durch das allgemein tiefere Wissen der Menschen, einfacher geworden. Auf der Systemischen Ebene hat sich auch viel getan. Das allgemeine Bewusstsein für die Wichtigkeit des Themas ist wiederum Grundlage dafür, dass Politik und Pflegekassen die Rahmenbedingungen schaffen, dass die Versicherten ausreichend Zeit in die Pflege investieren können.