04 – Zukunft der Pflege
Recherche zur Altenpflege
Wicket-Problem-Map
Um das Verständnis im Team und die Herausforderungen in der Altenpflege zu schärfen, wurde eine Wicked Problem Map erstellt. Dabei wurde auf Informationen aus den Interviews und der Recherche zurückgegriffen. Folgende interessante Teilgebiete konnten von uns identifiziert werden:
- Die Medikamenten-Beschaffung für Betroffenen ist oft ein Problem.
- Personen, die Arbeitsleistung erbracht haben, fallen in der Bürokratie durch das Raster und bekommen nur wenig Leistung im Alter.
- Regionale Pflegeanbieter können sich nicht mehr halten, werden jedoch dringen gebraucht.
- Der demografische Wandel und die unattraktiven Arbeitsbedingungen verschärfen die Probleme der Pflegedienste.
- Die Pflege zu Hause mit dem Pflegedienst ist oft das bessere Konzept für Betroffenen, jedoch wird keine Energie in die Prävention gesteckt, um Personen so lange wie möglich aktiv zu halten.
- Ein großes Problem ist die Vereinsamung, da es keine Angebote gibt, um mit anderen in Kontakt zu kommen und Verwandte leben oft weit von den Betroffenen entfernt. Hier kommt es jedoch gerade auf den physischen und direkten Kontakt an.
- Kassenärztliche-Zulassungsbeschränkung sind nicht Patient:innen zentriert, daher gibt es oft viel zu wenig Ärzte vor Ort.

Des Weiteren sind wir bei der Recherche auf weitere interessante Fakten gestoßen, die die aktuelle Lage in der Altenpflege beschreiben:
- Die häufigste Versorgungsart ist die häusliche Pflege, mit knapp 81%
- Dabei versorgt die Mehrheit der Pflegende ihre pflegebedürftign Angehörigenin Teilzeit über 50% (Barmer Pflegereport 2023, S. 88)
- 78% der befragten Babyboomer hatten keine konkrete Planung für die eigene Pflegebedürftigkeit (Pflegestudie 2022 von opta data Zukunftsstiftung, S. 40)
- 73% der befragten Babyboomer sagten, dass die Pflege von Angehörigen eine Mehrbelastung war (Pflegestudie 2022 von opta data Zukunftsstiftung, S. 63)
- 51% der befragten Babyboomer sagten aus, dass das Thema Pflege unangenehm ist (Pflegestudie 2022 von opta data Zukunftsstiftung, S.48)
- Das eigene Pflegerisiko wird zu gering eingeschätzt (opta data studie, 2022)
- Jede 4te Pflegeinzidenz ist an einen vorangegangenen Krankenhausaufenthalt gekoppelt (Barmer Pflegereport 2023, S. 181)
- Lücken durch fehlendes Angebot an ambulanter Pflege müssen durch die Integration der Zivilgesellschaft geschlossen werden (Themenreport „Pflege 2030“ Was ist zu erwarten – was ist zu tun?, S. 63)
- Verschärfung der Versorgungslücke durch den Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials der 19- bis 64-Jährigen zwischen 2009 und 2030 um 5,8 %, d.h. weniger Erwerbstätige können pflegen (Themenreport „Pflege 2030“ Was ist zu erwarten – was ist zu tun?, s. 52)
Szenario-Entwicklung
In Zusammenhang mit den aktuellen Herausforderungen und mit dem Ziel, ein besseres Leben im Alter zu ermöglichen, wurde ein wünschenswertes Zukunftsszenario für das Jahr 2035 entwickelt:
Um die Lücke zwischen dem hohen Bedarf und der noch schlechteren Verfügbarkeit von Pflegepersonal zu schließen, werden technologische Fortschritte, wie die Robotik und digitale Angebote genutzt, um Routineaufgaben zu übernehmen. Dadurch kann die Lücke jedoch nicht geschlossen werden. Gleichzeitig bleibt die Infrastruktur bei der Beantragung von Leistungen und Förderung in der Pflege bestehen, da dort keine zusätzlichen Ressourcen bereitgestellt werden können.
Immer mehr Menschen werden in Zukunft in Single - Haushalten leben, auch der Anteil der über 65-Jährigen, die alleine leben, steigt immer weiter an, daher wird die Vereinsamung im Alter weiterhin ein Problem darstellen. Die Pflegeversorgung wird weiterhin unzureichend bleiben, aufgrund des fehlenden Pflegepersonals, dem demografischen Wandel und dem damit einhergehenden Wegfallen von pflegenden Angehörigen, sowie den steigenden Kosten für die Pflegeausstattung. Auch werden die Beiträge zur Pflegeversicherung steigen, durch die immer weiter steigende Anzahl von Pflegebedürftigen in Zukunft.
Um die Lücke in der Pflegeversorgung zu schließen, werden technologische Fortschritte wie Robotik und digitale Angebote genutzt, um Routineaufgaben zu übernehmen (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2019). Die Lücke kann jedoch nicht gänzlich geschlossen werden. Pflegebedürftige werden weiterhin auf die Pflege durch Angehörige angewiesen sein (vgl. destatis, 2024). Gleichzeitig bleibt die Infrastruktur bei der Beantragung von Leistungen und Förderung in der Pflege bestehen, da dort keine zusätzlichen Ressourcen bereitgestellt werden können. Durch die stetige Suche nach einer Ernährung, die zum Lebensstil und zur Identität passt, verbunden mit dem Streben nach besserer Gesundheit und gesteigertem Wohlbefinden, wird auch die Selbstbestimmung im Alter sichergestellt (vgl. Zukunftsinstitut, 2023).
Mögliche Gestaltungspotenziale für 2035 (wo wollen wir hin): In der Zukunft können mehr neue Angebote in der digitalen und analogen Pflege mit der Zugänglichkeit zu Patientendaten dafür sorgen, dass individuell zugeschnittene Gesundheitsanwendungen das Bewusstsein für die eigene Gesundheit und Gesundheitsthemen erhöhen. Durch die hohe Anzahl an Pflegebedürftigen in der Zukunft muss die Zugänglichkeit von Leistungen und Förderung merklich verbessert werden. Auch muss die Angehörigenpflege in Zukunft stabilisiert werden und ambulante Versorgung ausgebaut werden, um den Personalnotstand in der Pflegeversorgung abzufedern (vgl. Themenreport „Pflege 2030“ Was ist zu erwarten – was ist zu tun?, S. 79 - 80). Mit zielgerichteten Angeboten für Pflegebedürftige und pflegende Personen könnte einer Vereinsamung im Alter entgegengewirkt werden.

Ideen für die Altenpflege und Feedback aus der Zwischenpräsentation
Idee zur Altenpflege
In der 6-3-5 Methode sind sehr viele technische sowie soziale Ideen aufgekommen. Es wurde vorgeschlagen, viele Daten zu tracken und auszuwerten. Es waren auch mehrere sehr unsoziale Vorschläge dabei, die die zu Pflegenden entmündigten. Die Ideen wurden im Anschluss von uns direkt ausgeschlossen. Es war jedoch spannend, dass solch extreme Ideen unter Zeitdruck kamen und sie boten spannende Ansätze für Diskussionen. Die Methode hat uns geholfen, schnell viele und gute Ansätze zu erarbeiten, nachdem wir so viel Wissen und Informationen in den Wochen zuvor aufgebaut hatten. Die Ideen wurden, statt sie gleich auszuschließen, aufgeschrieben und anschließend in der Gruppe diskutiert. Dazu stellten wir uns die Frage, die Altenpflege für zu Pflegende würdevoller gestalten werden kann bzw. wie den Pflegenden die Pflege erleichtert werden kann.

TELEFONHAUS
Unser erstes Konzept ist das Telefonhaus. Damit soll das Telefonieren aus jedem Winkel der eigenen vier Wände ermöglicht werden. Der gesamte Wohnraum ist mit Mikros und Lautsprechern ausgestattet. So können Anrufe per Sprachsteuerung von überall getätigt werden. Auch Notrufe könnten abgesetzt oder Bereitschaftsdienste gerufen werden.
Feedback aus der Zwischenpräsentation:
- Gibt es schon so ähnlich (Armband/Smart-Watch)
- fehlende Innovation
- starke Überwachung
- was muss gegeben sein, um Wohnung ausstatten zu können

BETT-VITAL
Bei dem Konzept Bett-Vital sind die Betten mit Sensoren ausgestattet und bieten so Aufschluss über die Vitalwerte und Haltung im Schlaf. Auch Informationen über die Muskulatur und die Beweglichkeit lassen sich erfassen. Die gesammelten Daten werden für ärztliche Befunde genutzt und könne das Pflegepersonal unterstützen.
Feedback aus der Zwischenpräsentation:
- Schlafen sehr spannender Use Case, weil jeder schlafen muss
- Notwendiges mit Nützlichem Verbinden
- starkes Überwachungsgefühl
- welche Daten werden erhoben
- wer bekommt Zugan zu Daten (Arzt?)

KOMPETENZEN ANZAPFEN
Ein eher spekulatives Konzept ist das des Kompetenzen Anzapfens. Hierbei werden die Hirnkapazitäten, das Wissen sowie die Erfahrungen von älteren Personen als Ressourcen angesehen. Erfahrungswerte und Kenntnisse von alten Maschinen, Programmen und historischen Ereignissen können so weiter in der Gesellschaft erhalten bleiben. Dadurch steigt die Wertschätzung für ältere Menschen.
Feedback aus der Zwischenpräsentation:
- spannender Ansatz
- Auseinandersetzung mit Erfahrungen und Wissen enorm wichtig für kognitiven Erhalt
- wie soll Technologie dahinter aussehen?
- wie wirkt sich das auf die beteiligten Personen aus ist ein spannender sozialer Ansatz

GEMEINSAM HEILSAM
Ein nicht technologischer Ansatz wäre die Idee “Gemeinsam heilsam”, die eher einen sozial und menschlichen Ansatz verfolgt. Dabei liegt der Fokus des Projekts auf den Gefühlen zwischen den zu Pflegenden und der Pflegenden und wie man diese Verbindung stärken kann.
Feedback aus der Zwischenpräsentation:
- gibt bereits Ansätze
- durch demografischen Wandel neue Familienverteilung
- spannend und wichtig neue Arten der Unterstützung zu bekommen
- spannend wie es gelingt Leute dazu zu bewegen zusammen zu leben
- welche Anreize sind sinnvoll
- was können die Personen daraus lernen

PFLEGE ALS SCHULFACH
Die Pflege wird als Schulfach für 16-18 Jährige eingeführt. Sie wird daher als natürlicher Schritt im Leben eines Menschen wahrgenommen.
Feedback aus der Zwischenpräsentation:
- warum ausgerechnet Pflege, gibt viele spanende Themen
- warum nicht freiwillig, nicht jeder interessiert sich dafür
- zu großer Abstand in der Schulzeit zur Pflege
- relevantes Thema
- Aufwertung des Pflegeimages
- mehr Wertschätzung für Pfleger:innen
- mehr Personen gehen in die Pflege
- mehr Auseinandersetzung mit dem Thema Pflege
Fazit – Zwischenpräsentation
Allgemein lässt sich sagen, dass einige der Ideen bereits in ähnlicher Form umgesetzt wurden und daher für das Jahr 2035 nicht in Frage kommen würden. Zudem haben wir positive Resonanz erhalten, dass das Thema Pflege als äußerst wichtig und dringlich angesehen wird, besonders vor dem Hintergrund der prognostizierten demografischen Entwicklung unserer Gesellschaft. Aus der Zwischenpräsentation konnten wir entnehmen, dass überspitzte und provokante Zukunftsszenarien gewünscht sind und wir nicht zwangsläufig eine Lösung für ein bestehendes Problem entwickeln müssen.
Daher haben wir uns nach der Zwischenpräsentation zügig auf folgende Themenbereiche geeinigt:
Das “Anzapfen der Gedanken von zu Pflegenden”, bei dem es weniger um die technologische Umsetzung geht, sondern vielmehr um die sozialen Auswirkungen und Reaktionen der beteiligten Personen. Dabei stellen wir uns die Frage, ob durch das Speichern von Wissen das Gefühl geweckt wird, ein wertvoller Teil der Gesellschaft zu sein. Die “Pflege als Schulfach”, wobei wir uns dahingehend geöffnet haben, dass wir allgemein Pflegebewusstsein und Pflegekompetenzen vermitteln wollen, unabhängig von der Schule. Der “Einstieg in die häusliche Pflege”, da mehrere Teammitglieder derzeit mit der Beantragung von Pflegemitteln und Leistungen innerhalb der Familie zu tun haben und sich schnell einige Probleme skizzieren lassen.
Barmer-Interview
Interview mit Daniel und Thomas
Aus der Zwischenpräsentation benötigten wir eine weitere fachliche Einschätzung, um das Thema der häuslichen Pflege genauer ausgestalten zu können. Daher baten wir Daniel Höffner von der BAMER um ein Informationsgespräch.
Folgende Fragen wurden gestellt
- Welche Hürden habt ihr aktuell beim Prozess der Leistungsbeantragung der Pflege?
- Und wo seht ihr Stellschrauben eurerseits und ggf. bei anderen Akteuren?
- Wie stellt ihr sicher, dass jeder die Leistung bekommt, die dem eigenen aktuellen Lebenszustand entsprechen?
- Und wie sieht der Prozess aus, wenn es keine Familie oder Angehörige im Umfeld gibt?
- Wie findet eine Vermittlung von Leistungen an Versicherte bei der Barmer statt?
- Wie schafft Barmer mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit für z. B. pflegende Angehörige bei der Beantragung von Pflegeanträgen/Leistungen?
- Wie interagiert ihr mit dem Medizinischem Dienst in Bezug auf die Pflegeleistungen? (z.B. Freigabe der Leistungen, Kontrolle der Anträge)
- Welche Ansätze verfolgt ihr, frühzeitig mit Versicherten über das Thema Pflege zu sprechen?
- Welche Veröffentlichung von Barmer neben dem Pflegereport könnten für uns noch relevant sein?
Schlüsselmomente
- Pflegeberatung auch seelsorgerische Leistung, da Telefonat an einem kritischen Punkt im Leben stattfinden
- oft nach Extremsituation, Krankheit, Schlaganfall, etc.
- meist unvorbereitet und verzweifelt
- meist an den Punkt wo alles Pflege organisatorische ziemlich schnell gehen muss
- jeder Mensch weiß, dass das Thema Pflege kommen wird
- trotzdem kümmert es keinen
- das Kind von heute ist der Pflegebedürftige von Morgen
- Zielgruppe: Junge Menschen
- wenn sich junge Menschen schon früh mit dem Thema Pflege auseinandersetzen, dann können es auch digitale Inhalte sein
- Kinderlose müssen sich ebenfalls Gedanken machen
- demografischer Wandel wird zu Umdenken führen müssen
- Pflegeversicherung ist nur eine “Teilkasko”
- finanzielle Belastung von Pflege wird nicht wahrgenommen, erst wenn der Fall eintritt
- Eigenanteil wird weiter hoch gesetzt (2.800€) -> geht an das Ersparte der Pflegebedürftigen
- kann sehr heikles Thema werden
- oft geht Erspartes/vermeintliches Erbe für Pflege drauf
- Pflege - Narrativ: “Kinder müssen Eltern pflegen”
- Selbstverständnis der Kinder ist (bei Betroffenen) weitverbreitet
- man muss selbst überlegen: kann ich die Pflegebedürftigkeit händeln? Wie kann ich damit umgehen?
- Narrativ kann jedoch die Kranken/Pflegekasse nicht verändern
- Gestaltung der Pflege ist sehr variabel -> volle externe Pflege, Teilpflege / Kombi, Angehörigenpflege
- Korrektur des Selbstbildes von Pflegebedürftigen notwendig (aktuelle Generation will keine “Schwäche” zugeben)
- sobald ich gepflegt werde, geht es bergab
Schlussfolgerungen:
- Bewusstsein entwickeln für Pflege ist notwendig
- frühzeitig ansetzen: junge Zielgruppe ansprechen, Gedanken um Pflege der Eltern und um eigene Pflegewünsche in einem neutralen Rahmen ermöglichen
- Pflege(Planung) muss pro-aktiv sein und nicht reaktiv